NACHRUF für Großmeister Neo Ho Tong

Die Stilrichtung Shorin Ryu Siu Sin Kan trauert um Großmeister Neo Ho Tong (8. Dan)

Unser geschätzter Meister und Stilrichtungsgründer ist von uns gegangen. Er ist im April 2022 in seiner Heimat Malaysia verstorben. Diese Nachricht hat seine Schüler in Deutschland tief getroffen.

Neo Ho Tong wurde 1946 in Seramban in Malaysia geboren. 1963 begann er dort mit dem Karate-Training, seit 1968 war er Danträger. Bei Trainern aus verschiedenen Stilen wie Shito Ryu, Shotokan, Goju Ryu und vor allem Keishinkan bei Sensei Masanao Takazawa erlernte er die Grundlagen des Karate. Über seinen langjährigen Freund Chin Mok Sung bekamen sie auch Kontakt zum Shorin Ryu Seibukan aus Okinawa und Sensei Zenryo Shimabukuro. In Okinawa erlernten sie auch das Kobudo von Sensei Matayoshi Shinpo. Aus diesen Einflüssen heraus gründeten sie in den 70er Jahren die Stilrichtungen International Shorin-Ryu Seibukan in Malaysia und Shorin-Ryu Siu Sin Kan in Deutschland.

cache 2442197701So wie die japanischen Trainer nach dem 2. Weltkrieg ins asiatische Ausland gingen, um die Kampfkunst zu unterrichten, kamen die Trainer aus Asien in den 70er Jahren nach Europa. Neo Ho Tong begann 1978 in der Schweiz Karatetraining anzubieten. 1979 kam er nach Regensburg und begeisterte als Karatemeister alle, die das Glück hatten, sein Training zu erleben. Karateschulen aufzubauen, um die Kampfkunst zu unterrichten, das war seine Mission. Seine Kompetenz in den Kampfkünsten führte dazu, dass sich sehr viele Kampfkunstbegeisterte aus den verschiedensten Nationen seinem Training unterzogen. Es entstanden Karateschulen in Obertraubling, Kelheim, Regenstauf, Straubing, Ihrlerstein, Beratzhausen, Deggendorf und Weiden. Um den Bedarf an erstklassigen Karatemeistern zu decken, brachte Neo Ho Tong einige Kampfkunstmeister nach Deutschland.

1982 verließ Neo Ho Tong Deutschland für einige Jahre und kam dann 1987 wieder zurück. Ab diesem Zeitpunkt unterrichtete Neo Ho Tong hauptsächlich in seinen Dojo Regenstauf und Deggendorf. Die Dojo seiner Stilrichtung waren weiterhin in der Oberpfalz und in Niederbayern vertreten. Viele seiner Schüler waren fasziniert von der exakten und perfekten Ausführung seiner Karate-Techniken und für nicht wenige war dies der Grund, mit dem Karate-Training zu beginnen. Viele wertvolle Kata aus Karate und Kobudo gab er an seine Schüler weiter und er förderte seine Karate-ka auch charakterlich. Es gab so viel er konnte von seinem breiten Wissen in Karate, Tai Chi Chuan und Kung Fu an seine Schüler weiter.

Eine besondere Beziehung zum Kung Fu und dem Stil Nam Wah Pai bestand bereits in Malaysia durch die Freundschaft zum leider ebenfalls schon verstorbenen Dashifu Yap Voon Kheong. Seit dieser Zeit besteht auch ein guter Kontakt zwischen einigen Schülern beider Stilrichtungen, welche durch die zwei Großmeister begründet wurden. Ab 1998 wurden sowohl Nam Wah Pai Kung Fu als auch Shorin-Ryu Siu Sin Kan Karate in Vereinen in Regensburg und Umgebung unterrichtet. Für den Versuch, ein großes Kampfkunst-Zentrum in Regensburg aufzubauen, brachte Meister Neo sogar Mönche aus dem Shaolin-Kloster nach Deutschland. Es ist daher nicht verwunderlich, dass einige der heute noch aktiven Mitglieder beider Kampfsportarten sowohl über fundierte Kenntnisse in Karate als auch in Kung Fu verfügen.

Ein großer Meister ist von uns gegangen. Wir werden seine Strenge und Anforderungen an die Genauigkeit im Training ebenso vermissen wie seine Wärme und Herzlichkeit außerhalb des Trainings. Die Bedeutung Siu Sin Kan = „Ort, an dem Herz und Charakter gebildet werden“ wird uns für die Zukunft weiter ein Ansporn für unser Training sein. Seinen Schülern vermittelte er nicht nur Karatetechniken in Perfektion, sondern auch die dazugehörige friedfertige Grundeinstellung. Streng nach dem Grundsatz, dem alle asiatischen Kampfkünste folgen: Kampfkunst als Weg zur Stärkung des Charakters. Die Tugenden, die er an seine Schüler weitergab, lebte er selbst vor: Friedfertigkeit, Bescheidenheit, Großzügigkeit, Loyalität, Freundlichkeit. Seine ausgewogenen Trainingseinheiten waren äußert geschätzt und brachten nach jahrelangem Training zahlreiche begeisterte Karate-ka hervor. Seine präzisen Techniken, seine Schnelligkeit, sein breites Wissen und Können in den Kampfkünsten war immer äußerst beeindruckend. Besonders diejenigen Schüler, die es unter seinen strengen Augen bis zum Schwarzgurt gebracht haben, schätzten sein hartes, diszipliniertes Training sowie seinen ungezwungen und freundlichen Umgang mit seinen Schülern nach dem Training. Dabei sind einige lebenslange Freundschaften entstanden. Mit Neo Ho Tong ist uns nicht nur ein echter Meister der Kampfkünste, sondern auch eine großherzige, bescheidende Persönlichkeit verloren gegangen.

Auch wenn viele der heutigen Schüler den verstorbenen Großmeister leider nicht mehr persönlich kennen lernen durften, so bekommen sie durch sein Vermächtnis nicht nur eine technisch sehr präzise und traditionelle Kampfkunst vermittelt, sondern auch, wie gleichermaßen erfüllend und inspirierend es ist, den Weg des Karate zu beschreiten. Wir wissen, dass es für ihn immer sehr wichtig war, dass wir alles, was wir von ihm erlernen durften, an unsere Schüler weitergeben. Oft verglich er das Training der Kampfkünste mit kochendem Wasser, wenn das Feuer fehlt, hört es auf zu kochen. Wer mit dem Training aussetzt, verliert sein Können: „Keep the fire burning“ war seine Aufforderung an uns alle und an das werden wir uns in seinem Sinne halten.

Für die Stilrichtung Shorin Ryu Siu Sin Kan
Horst Bresele, 6. Dan, Roman Lutz, 5. Dan und Josef Niklas, 5. Dan

 

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